Welche Personendaten würden Sie in einem Krisengebiet als humanitäre Helferin erheben? Wie würden Sie diese schützen?

Welche Informationen würden Sie als Zivilistin preisgeben? Wem würden Sie Ihre digitale Identität anvertrauen?
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Diese Fragen stellte Bundespräsident Alain Berset am 22. Mai 2023 am UNO-Hauptsitz in New York in einer Rede zur Eröffnung der multimedialen Ausstellung «Digital Dilemmas». Die Ausstellung wurde von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) während der Schweizer Präsidentschaft des UNO-Sicherheitsrats organisiert. Rund 75 Gäste nahmen an der Eröffnungsfeier teil, darunter der mosambikanische Präsident Filipe Jacinto Nyusi sowie ständige Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Missionen und UNO-Abteilungen. Neben dem Bundespräsidenten wandten sich auch IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric und die stellvertretende UNO-Generalsekretärin Amina Mohammed ans Publikum.

Die Rednerinnen und der Redner waren sich einig: Zivilisten und humanitäre Helferinnen sind im digitalen Zeitalter mit neuen Herausforderungen konfrontiert – die reale Konsequenzen haben. Künstliche Intelligenz, biometrische Erkennungsverfahren und andere digitale Technologien können das Leid der Zivilbevölkerung in Krisen lindern. Beispielsweise indem sie Zivilistinnen helfen, deren Angehörige zu finden oder Zugang zu medizinischer Versorgung, Nahrung oder Wasser zu erhalten.

Digitale Technologien bergen jedoch auch beachtliche neue Risiken, von Desinformation und illegaler Überwachung bis zu Verfolgung aufgrund von Angaben zu ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Aufenthaltsort, Gesundheit oder Glauben.

Deshalb ist es entscheidend, dem Missbrauch neuer Technologien vorzubeugen und ihn zu bekämpfen. Vertrauensförderung zwischen den Parteien, Einhaltung des humanitären Völkerrechts und Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu Hilfe und Information für Frauen wie für Männer sind Ansätze, die bei der Eröffnungsfeier angesprochen wurden. 

Warum beschäftigt sich die Schweiz mit diesen Themen? Der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten ist ein aussenpolitisches Ziel der Schweiz und eine ihrer Prioritäten für die Mitgliedschaft im Sicherheitsrat 2023–2024. Die Schweiz blickt auf eine langjährige Erfahrung in der humanitären Hilfe zurück und setzt sich konsequent für eine bessere Einhaltung und Stärkung des humanitären Völkerrechts ein. In diesem Bestreben und mit Blick auf das baldige 75-jährige Bestehen der Genfer Konventionen kann die Schweiz kaum eine passendere Partnerin finden als das IKRK mit Sitz in Genf.

Die Ausstellung «Digital Dilemmas» fand erstmals 2019 in Genf statt. Die Schweiz und das IKRK haben sie nach New York gebracht und neu ausgerichtet, mit Fokus auf dem Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten. Dieses Thema steht im Mai, wenn der Sicherheitsrat den Jahresbericht des UNO-Generalsekretärs zum Schutz der Zivilbevölkerung debattiert, in New York jeweils ganz oben auf der Agenda, sowie zahlreiche Veranstaltungen mit der Zivilgesellschaft.

Ein begehbarer Würfel mit LED-Wänden ermöglicht es den Besuchern der Ausstellung, in die Rolle von Zivilistinnen oder humanitären Akteuren in Konfliktgebieten zu schlüpfen. Sie spielen eine Reihe von Videoszenarien durch und treffen Entscheidungen über den Einsatz digitaler Technologien. Die Konfrontation mit schwierigen, aber realistischen digitalen Herausforderungen soll das Bewusstsein der Besucherinnen für digitale Risiken schärfen, den Dialog fördern – auch mit den IKRK-Delegierten, die am Ausstellungsort anwesend sind – und letztlich zu einem besseren Schutz der Zivilbevölkerung im digitalen Zeitalter beitragen.

«Digital Dilemmas» ist vom 22. bis 31. Mai 2023 am Delegierteneingang des UNO-Hauptsitzes in New York erlebbar. Danach wird das IKRK die interaktive Ausstellung an weiteren Orten präsentieren sowie online zugänglich machen.